Zeittafel

Geschichte der Ev. Kirchengemeinde Kirchherten

1517 Der Augustiner Martin Luther löst mit dem Thesenanschlag in Wittenberg die Reformation aus.

1529 Das Bedburger Augustinerkloster neigt dem Luthertum zu. Die Grafen Wilhelm, Hermann und Adolf von Neuenahr fördern in den folgenden Jahren die Reformation in Bedburg.

1532 Herzog Johann erlässt in Kleve-Jülich-Berg-Mark eine neue Kirchenordnung, die eine geistige Verwandtschaft zur Lehre Luthers aufweist.

1541-1544 Der erste Versuch, im Erzbistum Köln die Reformation einzuführen, scheitert. Erzbischof Hermann von Wied verliert sein Amt.

1547 Herzog Wilhelm von Jülich wird im Krieg um Geldern von kaiserlichen Truppen geschlagen. Er wird im Frieden von Venlo gezwungen, alle kirchlichen Reformen zurückzunehmen.

1566 Mit dem Beginn des niederländischen Befreiungskampfes gegen die Spanier strömen Flüchtlinge ins Jülicher Land. Sie bringen ihr reformiertes Bekenntnis mit. Das Luthertum und andere Reformgedanken werden davon aufgesogen.

Im gleichen Jahr erleidet der Herzog Wilhelm einen Schlaganfall. Die Regierungsgeschäfte gehen in die Hände von Jesuiten über. Die Protestanten im Land geraten immer mehr unter den Druck der Gegenreformation.

1571 Die Synoden in Bedburg und Emden geben den reformierten Gemeinden des Niederrheins eine gemeinsame Kirchenverfassung.

1582 Im Protokoll einer zu Bedburg gehaltenen reformierten Synode wird die Kirchhertener Gemeinde erstmals erwähnt.

Die Gemeinde hat weder eine eigene Kirche noch einen Prediger. Sie wird zusammen mit anderen reformierten Gemeinden von einem sogenannten Quartierprediger aufgesucht. Zu jener Zeit ist dies ein Mann „von der Ruren” (von der Rur), vielleicht Christoph Fetzer.

1584 Erster reformierter Prediger in Kirchherten: Abel von Kreuzau.

1583-1586 Kölner Krieg. Der Versuch des Erzbischofs Gebhardt Truchseß von Waldburg, die Reformation im Erzbistum Köln einzuführen, wird von bayrischen und spanischen Truppen niedergeschlagen. Auch Bedburg wird erobert. Die Protestanten müssen Bedburg verlassen. Einige gehen über die kurkölnische Grenze ins Jülicher Land und finden in Kirchherten eine neue Bleibe.

1604 (?) Die reformierte Gemeinde Kirchherten erhält mit Adolphus Mark einen Lehrer. Ein Schulgebäude existiert nicht.

1609 Tod des letzten Herzogs Johann Wilhelm von Jülich. Erbberechtigt sind die beiden lutherischen Fürstenhäuser Pfalz-Neuburg und Brandenburg. Pfalz-Neuburg erhält Jülich und Berg, Brandenburg erhält Kleve und Mark. Im „Reversale” (= Verpflichtung der Vertragschließenden, den Status quo nicht einseitig zu ändern) wird Toleranz auch gegen andere christliche Bekenntnisse versprochen.

1613 Fast zeitgleich treten Johann Sigismund von Brandenburg zum Calvinismus und Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg zum katholischen Bekenntnis über. Trotz des Reversale von 1609 geraten die Reformierten in Jülich und Berg wieder unter Druck.

1616 Älteste Erwähnung eines reformierten „Predigthauses” zu Kirchherten in den „Acta Consistorii” der Kirchengemeinde.

Das Gebäude oder der Raum, in dem sich die Gemeinde versammelt, wird offenbar privat von einem Gemeindeglied zur Verfügung gestellt. Gelegentlich tritt auch das Consistorium (=Presbyterium) „im Predighhause bey unserem confrater Leonardo Weydts” zusammen. Die genaue Lage dieses Predigthauses ist heute unbekannt.

1618-1648 Dreißigjähriger Krieg.

1626 Schließung des reformierten Predigthauses in Kirchherten auf behördliche Anordnung. Gottesdienste finden von nun an heimlich statt.

1629 Der Vogt zu Kaster bedroht Gemeindeglieder, die ihre Häuser für reformierte Predigten zur Verfügung stellen, mit einer Geldbuße von 10 Gulden. Zwei Jahre später erhöht er die Strafe auf 50 Gulden. Das Halten einer reformierten Predigt wird mit 100 Gulden geahndet.

1648 Westfälischer Friede. Die kirchlichen Verhältnisse werden nach dem Grundsatz „cuius regio – eius religio” neu geordnet. Das bedeutet: Der jeweilige Landesherr bestimmt das Bekenntnis seiner Untertanen. Für Ausnahmeregelungen gilt das „Normaljahr” 1624: Wer ein anderes Bekenntnis hat als der Landesherr, aber für dieses Jahr öffentlich gehaltene Gottesdienste nachweisen kann, darf wieder eine Kirche bauen. In Kleve-Jülich-Berg-Mark steht der Westfälische Friede noch unter dem Vorbehalt einer endgültigen Erbschaftsregelung zwischen den konfessionell unterschiedlichen Fürstenhäusern Pfalz-Neuburg und Brandenburg.

1665/1667 In Rödingen und Kaster werden die Aussagen von Zeitzeugen zu den Verhältnissen im Normaljahr 1624 notariell beurkundet. Die reformierte Gemeinde von Kirchherten weist so die Feier öffentlicher Gottesdienste nach.

1670 Brand des Bauernhofs von Peter Marx am Ortsrand von Kirchherten. Die Kirchengemeinde erwirbt das Grundstück für einen späteren Kirchenbau.

1672 Religionsvergleich zwischen Brandenburg und Pfalz Neuburg. Die beiden Erben der Herzogtümer Kleve-Jülich-Berg und der Grafschaft Mark einigen sich, welche Kirchengemeinden ihr Recht auf Kirche und Kirchenvermögen zurückerhalten. Die reformierte Gemeinde in Kirchherten darf wieder eine Kirche bauen.

1684 Bau der reformierten Kirche zu Kirchherten in Form einer „Hauskirche”, d. h. Kirchraum und Pfarrwohnung unter einem Dach. Mit dieser unauffälligen Bauform soll die katholische Bevölkerungsmehrheit möglichst wenig provoziert werden. Für die Finanzierung des Projekts unternimmt der Prediger Hermann Barlemeyer ausgedehnte Kollektenreisen nach Norddeutschland und in die Niederlande. Bemerkenswert: Auch die katholische Pfarrgemeinde Kirchherten steuert 20 Reichstaler „zur recompens” (=Wiedergutmachung) zum reformierten Kirchenbau bei.

1686/1687 Der große Kurfürst und seine Gemahlin sowie Mitglieder des Adelshauses Bylandt zu Rheydt stiften der Kirchhertener Kirche vier farbige Wappenfenster.

nach 1700 (?) Errichtung eines Schulhauses neben dem Predigthaus, vermutlich ein eingeschossiges, strohgedecktes Fachwerkgebäude mit nicht mehr als zwei Räumen: dem Klassenzimmer und der Lehrerwohnung.

1781 Die Kirchengemeinde erhält aus dem Nachlass des Barmer Kaufmanns Johannes Wichelhausen 1.000 Reichstaler. Das Geld sollte angelegt und aus den Zinsen das Predigergehalt aufgebessert werden. Zu der Zeit verdient der reformierte Prediger in Kirchherten jährlich 100 Reichstaler, zuzüglich des Ertrags von etwa sieben Morgen Ackerland.

1794-1813 Besetzung der linken Rheinseite durch die Franzosen. Nach der Niederlage Napoleons kommt das Rheinland unter preußische Verwaltung.

1817 König Friedrich-Wilhelm III. verfügt in Preußen die Union von Reformierten und Lutheranern.

1827 Die reformierte Kirchengemeinde Kirchherten tritt der Union bei und nennt sich von nun an „evangelisch”. Im gleichen Jahr wird die Kirche mit Hilfe eines königlichen „Gnadengeschenks” erneuert. Sie bekommt einen Glockenturm und eine Orgel. Die Pfarrwohnung wird erweitert. Das Bauwerk erhält seine heutige äußere Gestalt.

1849/1850 Bekenntnisstreit in Kirchherten: Einige Gemeindeglieder stoßen sich daran, dass ihr Pfarrer Heinrich Wilhelm Lang die preußische Union unterstützt. Nach längeren Auseinandersetzungen fordern sie dessen Amtsenthebung. Das Konsistorium in Koblenz weist ihren Antrag jedoch zurück. Daraufhin tritt eine Gruppe unter Führung des Grottenhertener Bauern Jacob von Martwyk aus der Evangelischen Kirche aus und gründet eine kurzlebige „niederländisch-reformierte” Gemeinde.

1858 Das alte Schulhaus wird durch einen geräumigen zweigeschossigen Neubau aus Ziegelsteinen ersetzt.

1869 Die vier schadhaften Wappenfenster der Kirche müssen herausgenommen werden. Die Scheiben lagern jahrelang in einer Scheune, bis ein Antiquitätenhändler auf sie aufmerksam wird. Das Presbyterium entscheidet sich gegen einen Verkauf. Mit Hilfe verschiedener Spenden werden die noch vorhandenen Scheiben 1875/76 restauriert, zu zwei Fenstern zusammengefügt und an der Kanzelseite eingesetzt.

1903 Schließung der evangelischen Schule wegen geringer Schülerzahl. Das Gebäude wird 1912 verkauft.

1923-1925 Der Jugendstilkünstler Daniel Greiner malt den Innenraum der Kirche aus. Die Bilder werden nach dem Zweiten Weltkrieg wieder überstrichen. Bei Renovierungsarbeiten in den Jahren 1979 und 2005 werden Reste von ihnen freigelegt und fotografisch dokumentiert.

1930 “Die Zahl der Gemeindeglieder ist unter 200 gesunken. Mit dem Fortgang von Pfarrer Robert Dressing wird die Pfarrstelle in Kirchherten aufgehoben. Von 1930-1946 wird die Gemeinde von Otzenrath aus pfarramtlich versorgt.

1931 Am 08. November 1931 fand die Einführung vom Wilhelm Fernau in Kirchherten statt, der die Pfarrstellen Otzenrath und Kirchherten gemeinsam betreute.

1946 Nach Ende des II. Weltkriegs wächst die Zahl der Gemeindeglieder durch den Zuzug von Ostflüchtlingen und Heimatvertriebenen auf 1.200 Seelen. Die Pfarrstelle wird wieder eingerichtet.

1954-1967 Im Gebäude der katholischen Volksschule Kirchherten gibt es eine einklassige evangelische Volksschule. Lehrer: Rolf Stender (1954- †1965), Ursula Fuchs (1965-1967).

1955 Bau der evangelischen Kirche in Königshoven

1960 Bau eines Gemeindehauses in Oberembt. 1970 wird auch ein freistehender Glockenturm errichtet.

1976-1983 Umsiedlung der Ortschaften Omagen, Morken, Harff und Königshoven wegen des Braunkohletagebaus. 1981 wird die evangelische Kirche in Königshoven abgebrochen.

1984 Bau eines Gemeindezentrums in Titz.

1999 Nach Entwürfen von Ludwig Schaffrath erhält der Gottesdienstraum des Titzer Gemeindezentrums farbig gestaltete Fenster. Die Finanzierung erfolgt durch Spenden aus der Kirchengemeinde.

2002 Durch stetigen Zuzug ist die Zahl der Gemeindeglieder mittlerweile auf über 1.600 angewachsen.

2005 Umfassende Sanierung und Restaurierung des Gottesdienstraums in Kirchherten. Rückholbare Sicherung der Malerei-Reste an der rechten Kirchenwand unter der Deckschicht.